First-Line Sales Manager – Hebel zur Performance-steigerung – Teil 1

Einer aktuellen Untersuchung zufolge sind derzeit nur knapp 1/3 der Unternehmen mit der Umsetzung ihrer Vertriebsinitiativen zufrieden. Mängel bestehen offenbar insbesondere „in der Bewältigung der letzten Meile“. Das ist das Hoheitsgebiet der Front Line Sales Manager (FLSM). Meist leiten sie ein Team von 4 – 12 Verkäufern. Eine ihrer Kernaufgaben besteht darin, die Vertriebsstrategie in konkrete Maßnahmen für Verkäufer zu übersetzen und deren Umsetzung zu begleiten. 94 % der befragten Unternehmen bescheinigen den FLSM denn auch eine zentrale Rolle bei der Umsetzung der Vertriebsstrategie. 86 % sehen allerdings einen hohen bis sehr hohen Bedarf zur Verbesserung der FLSM Performance. FLSM stehen deshalb mehr denn je im Fokus. Leistungsstarken FLSM wird eine um bis zu 35 % höhere Leistung zugetraut. Wo liegen die Hebel zur Verbesserung der Performance? Darum geht es in diesem Blog!

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Hebel 1: Zeitmanagement

Der Job eines FLSM ist arbeitsintensiv. 50 Arbeitsstunden pro Woche und mehr sind eher die Regel als die Ausnahme. Nach einer Untersuchung von Prof. Rapp von der University of Alabama wird die  Zeit im Kern für 4 Aktivitäten genutzt: „managing the sellers“, „managing information“, „direct customer interaction“ und „administrative activities“. Laut Prof. Rapp hat die Zeit, die der FLSM mit seinen Verkäufern verbringt, den höchsten Einfluss auf die Leistung bzw. Vertriebsergebnisse. Und genau diese Zeit kommt meist zu kurz. Der Grund ist simpel: die FLSM widmen sich den dringlichen und nicht unbedingt den wichtigen Aufgaben. „Dringlich“ ist in diesem Zusammenhang z.B. die Bearbeitung einer aktuellen Kundenreklamation. Auf der Strecke bleibt dabei oftmals  als „wichtige“ Maßnahme  die geplante Mitreise mit einem Verkäufer zu Coachingzwecken. Darüber hinaus wird der FLSM in der eigenen Organisation oft   als „Mädchen für alles“ missbraucht. „FLSM tun zu viele Dinge selbst, anstatt sie zu managen“ (St. Gallen FLM Studie; 64,5 % der Studienteilnehmer befürworten diese Aussage). Prof. Rapp sieht den tieferliegenden Grund in der mangelnden Formalisierung und Priorisierung des Führungs- und Managementprozesses für FLSM. Während für die Verkäufer meist Modelle vorliegen, wie die „aktive Verkaufszeit“ optimiert und genutzt werden sollte, sind die Leitlinien für FLSM eher vage. Terminiert sind zwar Budgetplanungsgespräche,  Meetings, Jahresgepräche mit Kunden und Mitarbeitern oder Messebesuche. Der verbleibende weitaus größere Zeitblock wird jedoch nach eigenem Gutdünken genutzt.

Abb. 1 : So nutzen FLSM ihre Zeit

Die Mercuri Projekterfahrung zeigt: ein verbessertes Zeitmanagement auf Basis eines Arbeitsmodells führt direkt zu höherer Teamperformance. Beispielhafte Maßnahmen, die zu höherer Effektivität beigetragen können:

  • Verbindliche „Budgetierung“ der Anzahl der Coachingtage im Feld und der monatlichen 1:1 Performance Reviewgespräche mit Verkäufern
  • Reduzierung der eigenen Verkaufstätigkeit
  • Vervollkommnung der eigenen digitalen Kompetenz der FLSM
  • Vermeidung von Rückdelegation durch Verkäufer
  • Verschlankung von Administration und Informationsverarbeitung

Hebel 2: Strategien erklären und operationalisieren

Eine  wichtige Aufgabe besteht für die FLSM darin, neue Strategien zu erklären, zu begründen und gemeinsam mit den Mitarbeitern in konkrete Aktivitäten zu übersetzen.

  • Sinn stiften – Es gehört schon einiges dazu, einen Verkäufer dazu zu bewegen, Routine und eingefahrene Gleise zu verlassen. Führungskräfte sind deshalb gut beraten, genügend Zeit in die Erläuterung neuer Strategien und deren Begründung zu investieren. Meist vergeht einige Zeit, bis die Strategien sich signifikant in Umsatz und  Provision niederschlagen. Die Verkäufer müssen deshalb daran glauben, dass es lohnenswert ist, sich für diese Maßnahmen zu engagieren, obwohl eine Budgeterfüllung mit der angestammten Routine aktuell eigentlich noch leichter wäre. Der FLSM ist also gefordert, „Sinn zu stiften“ und die Bedeutung der Strategien für den zukünftigen Erfolg glaubhaft zu kommunizieren.
  • Operationalisierung der Strategien nach dem „RAC“-Model – Eine Strategie muss  in  Teilschritte bzw. konkrete Einzelmaßnahmen übersetzt und an die verfügbare Verkaufszeit  der Verkäufer angepasst werden. Ferner muss überlegt werden, welche Mitarbeiterkompetenzen zur erfolgreichen Umsetzung der Strategie gestärkt werden müssen.

Abb. 2:  Mercuri RAC Model

RAC steht dabei für „Results, Activities and Competences“. Eine Operationalisierung beinhaltet in diesem Zusammenhang folgende Schritte:

  • Results = Planung der Ergebnisse – Bei welchen Teilzielgruppen sollen welche Produkt-/Servicekombinationen vermarktet bzw. welche Ergebnisse erzielt werden.
  • Activities = Planung der Aktivitäten – Hier geht es um die Planung der zur Strategieumsetzung notwendigen Aktivitäten – sprich Anzahl und Inhalte der Besuche in einem veränderten Verkaufsprozess unter Nutzung welcher Hilfsmittel und flankierenden Marketingmaßnahmen. In diesem Zusammenhang muss auch geklärt werden, welcher Aufwand notwendig ist, also wie viel „aktive Verkaufszeit“ in die Routine, wie viel für Kampagnen und Strategien investiert werden soll und welcher Anpassungsbedarf sich ergibt.
  • Competences = Planung der notwendigen Kompetenzen – Welche verkäuferischen Fähigkeiten sind zur erfolgreichen Strategieumsetzung notwendig und müssen ggfs. gestärkt werden? Schulungsthemen beschränken sich dabei nicht nur auf evtl. Produkttrainings. Verkäufer müssen wissen, wie die Zielbranche „tickt“, welche Herausforderungen die Kunden haben, wie Kaufprozesse laufen usw.

Die Kernidee des RAC Modells besteht dabei darin, dass ein Manager – will er Ergebnisse erzielen – sich in seiner Führungsarbeit primär auf das Management der Aktivitäten und der Mitarbeiterkompetenzen konzentrieren muss. Die notwendige Anzahl der Kundenbesuche  in die richtige Zielgruppen und Gesprächsebenen investiert und in der notwendigen Qualität ausgeführt, führt dann „automatisch“ zu den gewünschten Ergebnissen.

Berücksichtigt ein FLSM die beiden Aspekte „Sinn stiften“ und „Operationalisierung der Strategien“ wird am Ende jeder Mitarbeiter wissen, was, warum, wie zu erreichen ist. Die Etappenziele sind benannt und deren Erreichung kann mit Performanceindikatoren gemessen werden.

Hebel 3: Coaching der Mitarbeiter – Transparenz schaffen

Ein professioneller Fussballtrainer kennt seine Spieler. Er beobachtet sie beim Training und beim Spiel. Er verfügt über eine Fülle erfolgskritischer Daten zur Laufarbeit, zu den Zweikampfwerten, der Passgenauigkeit, der Anzahl der Schüsse aufs Tor usw. Die Analyse der Blutwerte gibt zudem Aufschluss über Kondition und Erholungswerte. Diese Daten fließen in die Trainingspläne für die Mannschaft und die Schwerpunkte für einzelne Spieler ein.

Im übertragenen Sinn wird genau das auch von einem Champions-League-Tauglichem FLSM a erwartet.

Er muss seine Spieler im Detail kennen und dazu muss er sie regelmäßig „vor Kunde“ aber auch in Trainingsveranstaltungen erleben.

Hier besteht erheblicher Nachholbedarf. „Die FLSM setzen nicht genug Zeit für Coaching der Teammitglieder ein“ (60,7 % befürworten diese Aussage; St. Galler FLM Studie)

Damit Training/Coaching wirkt, muss es in der notwendigen Intensität und Güte durchgeführt werden. In Unternehmen wie 3M, Würth oder Geberit, die (Feld-)Coaching bereits seit längerem praktizieren, haben sich z.B. folgende Kennzahlen bewährt – ein FLSM investiert bis zu 100 Arbeitstage in der Feldbegleitung. Bei einer Führungsspanne von 8 Mitarbeitern ergibt sich damit pro Verkäufer und Monat ca. 1 Coachingtag. Die Intensität des Coachings variiert je Mitarbeiter. Coaching konzentriert sich aber keinesfalls nur auf neue oder leistungsschwache Mitarbeiter. Im Gegenteil – alle Mitarbeiter werden gecoacht, auch die „Ronaldos und Messis“. Richtig positioniert sollte Coaching als eine Auszeichnung verstanden werden.

100 Coachingtage  stellen eine hohe Investition dar. Damit sich diese Investition wirklich lohnt, müssen die FLSM auf diese Rolle  im Rahmen von „Coach the Coach“ Trainings hinreichend vorbereitet werden. Da viele FLSM früher selbst als Verkäufer überdurchschnittlich erfolgreich agiert haben, besteht die Gefahr, dass sie die Kundengespräche dominieren oder versuchen, ihr eigenes Verhalten vor Kunde zu „duplizieren“. Darüber hinaus muss die Agenda der FLSM  grundlegend neu überdacht werden. Die Blöcke, „eigene Vertriebstätigkeit“, „Administration und Informationsverarbeitung“ stehen auf dem Prüfstand. Nicht zuletzt müssen Unternehmen überlegen, wie sich der Erfolg der Coachingmaßnahmen einschätzen bzw. messen lässt. Mehr dazu erfahren Sie im nächsten Blog!

Quellen:

St. Gallen Studie: First line Manager – Wachstums- und Umsetzungsimpulse auf der letzten Meile der Vertriebsführung; empirische Erhebung, 2016

Rapp, Adam: A question of productivity and performance. The selling sales manager or the managing sales manager. 2012