Performance-Bremse Stress im Verkauf – Raus aus der Negativspirale

Um die Stressreaktion im Verkauf besser zu verstehen, werden wir in Anlehnung an Selye die Stressreaktion in unserem Körper in drei Phasen unterteilen: Alarm, Angriff/Verteidigung und Erschöpfung/ Erholung.

Phase 1: Alarm

Stellen Sie sich vor, Ihnen gegenüber sitzt ein Kunde, der sich Ihr Angebot oder Ihr Produkt anschaut. Plötzlich schaut er auf, blickt Sie mit heruntergezogenen Augenbrauen an (Abbildung 1, Blitz 1) und sagt mit fester Stimme: „So einen Mist habe ich noch nie gesehen!“ (Abbildung 1, Blitz 2).

Abbildung 1: Stressreaktion mit Erholungsphase (Quelle: in Anlehnung an Hartmann)

Was passiert jetzt in Ihrem Körper? In der ersten Phase, der Alarmphase, schaltet das vegetative Nervensystem kurz auf Entspannung. Das ist der Moment, den wir als „Schrecksekunde“ kennen, ein kurzer Augenblick völliger Reaktionsunfähigkeit. Vielleicht sind wir einen Moment wirklich „fassungslos“, starren förmlich zurück, während uns tausend Sachen durch den Kopf gehen. Noch können wir keinen klaren Gedanken fassen, von rhetorischer Parade ganz zu schweigen. Wenn eine solche Situation vorüber ist und wir anderen davon berichten, fällt uns oft die elegante Antwort ein, die wir zuvor im entscheidenden Moment nicht zur Verfügung hatten. Rhetorische Brillanz und Schlagfertigkeit sind unter Stress nicht möglich.

Phase 2: Angriff oder Verteidigung

Noch bevor die erste Sekunde um ist, schaltet das vegetative Nervensystem auf Höchstleistung. Es werden alle Energien für das „Überleben“ vorbereitet. Die zweite Phase beginnt. Es geht nun um Angriff oder Verteidigung – obwohl uns ein Kunde gegenübersitzt. In dieser Phase passt sich unser Körper den Bedingungen an und hält die Aktivierung aufrecht, um der drohenden Gefahr durch den Kunden zu begegnen. Die Dauer dieser Phase hängt davon ab, welche Reaktionsmöglichkeiten wir haben und wie sich die Situation im weiteren Verlauf entwickelt. Eine typische Angriffsreaktion unsererseits wäre z. B. eine Formulierung wie diese: „Unverschämtheit. Was fällt Ihnen ein, das als Mist zu bezeichnen?!“, während wir ebenso ernst dreinschauen. Eine Verteidigungsreaktion würde eher so klingen: „Aber ich habe doch versucht, genau Ihre Wünsche in das Angebot einfließen zu lassen.“ Vielleicht sagen Sie, Sie reagieren weder in der einen noch in der anderen Art und Weise. Sehen Sie die Formulierungen als Beispiele für die grundsätzlichen Möglichkeiten des Angriffs („Aber Sie…“) und der Verteidigung („Ja, aber…“).

Phase 3: Erschöpfung oder Erholung

Der Verlauf der dritten Phase, der Erholungs- oder Erschöpfungsphase, hängt nun davon ab, wie schnell und ob die Bedrohung überwunden wird, so dass sich der Körper erholen kann, bzw. ob die Bedrohung fortbesteht oder neue Bedrohungen hinzukommen. Im letzten Fall wird die Aktivierung unter Dauerfeuer so lange aufrechterhalten bis die Gefahr vorbei ist oder alle Energiereserven verbraucht sind.
Wenn uns der Kunde wieder freundlich anlächelt und z. B. sagt: „Bitte entschuldigen Sie, das war ja nicht so gemeint.“, kann das Nervensystem die Aktivierung zurücknehmen und auf Entspannung umschalten. Dann beruhigt sich der Herzschlag, die Atmung verlang-samt sich und die Muskeln entspannen sich. Wir können uns erholen und neue Reserven auftanken. Jedoch hält die Aktivierung durch das Adrenalin noch 20 weitere Minuten an.

Die Folgen von „Dauerfeuer“

Wird die als Ausnahme vorgesehene Stressreaktion zum Dauerzustand und werden not-wendige Erholungsphasen verkürzt oder entfallen sogar, kehrt die Spannungskurve nicht mehr zum Normalniveau zurück.
Stellen Sie sich vor, Sie hetzen von einer Besprechung zur anderen und müssen jedes Mal „die Faust in der Tasche machen“. Ihr Körper reagiert mehrfach auf offene oder unterschwellige Angriffe mit der Generalmobilmachung, während Sie Ihre Angst vor den Konsequenzen, wenn Sie „mit der Faust auf den Tisch hauen würden“ zur Untätigkeit bannt. Sie fühlen sich hilflos. Die Energie, die Ihnen Ihr Organismus zum Angriff oder zur Verteidigung zur Verfügung stellt, wird nicht abgebaut. Sie rennen oder kämpfen nicht um Ihr Leben. Stattdessen kreisen Ihre Gedanken nur um „die bösen anderen“; jeder will Ihnen was. Wenn fast jeder Tag von früh bis spät durch solche Situationen, die an Ihnen nagen und Ihr Inneres nicht zur Ruhe kommen lassen, geprägt ist, wenn ständig „Gefahren“ durch schwierige Situationen oder unterschwellige Jobängste bestehen und diese nicht bewältigt werden können, verlässt Ihr Organismus irgendwann die normale Schwankungsbreite. Es kommt zu einer Überspannung mit ständiger Aktivierung.

Abbildung 2: Entwicklung einer Überspannung (Quelle: in Anlehnung an Hartmann)

Vom Dauerfeuer zum Burn-Out

Der Betroffene kann nicht mehr abschalten, ist leicht reizbar und regt sich oft wegen Kleinigkeiten auf. Spannungszustände werden zur Normalität. Der Körper läuft ständig auf Hochtouren. Irgendwann hält man es für normal, dass man z. B. nicht mehr durchschläft, keinen Hunger hat, leicht reizbar ist, mehr raucht oder seine Gedanken abends mit Alkohol betäubt. Die Dauer der Überspannung ist ebenso individuell wie die spürbaren Symptome. Es kann sogar sein, dass man gar keine Symptome spürt, bis der Körper die „Notbremse“ zieht.
Wenn die Aktivierung des Organismus durch Stress so lange anhält bis die Energiereserven erschöpft sind, nimmt der Widerstand plötzlich ab und es kommt zum Zusammen-bruch, heute besser bekannt als „Burn Out“. Kommt es in dieser Phase zu einer weiteren Alarmsituation (Abbildung 3, Blitz 3), reagiert der Körper nicht mehr mit Aktivierung, sondern mit Handlungsunfähigkeit und Hilflosigkeit.

Abbildung 3: Totale Erschöpfung – Burn Out (Quelle: in Anlehnung an Hartmann)

Performance-Bremse Stress im Verkauf

Es ist eine Herausforderung, den Druck im Vertrieb positiv zu nutzen und Stress mit seinen negativen Auswirkungen zu vermeiden. Mit dem Burn-Out-Syndrom wurde bereits eine wichtige Auswirkung von zu viel Druck und Stress im Vertrieb erwähnt. Darüber hinaus hat Stress noch viele weitere Gefahren für die Gesundheit – aber auch für den Verkaufserfolg. Damit Sie sich dieser Gefahren bewusster werden und gezielt etwas dagegen tun können, unternehmen wir eine kurze Reise durch den menschlichen Körper und beantworten die Frage: Was passiert unmittelbar, nachdem Sie ein belastendes Erlebnis oder einen negativen Gedanken hatten?

Sofortige Folgen – Ausstrahlung und Überzeugungskraft

Versetzen Sie sich bitte noch einmal in eine Verkaufssituation. Stellen Sie sich vor, Sie befinden sich in einer wichtigen Verhandlung oder in einem entscheidenden Verkaufsgespräch beim Kunden. Damit nun aus motivierendem Druck belastender Stress wird, erkennen Sie irgendetwas in Ihrer Umgebung, dass Sie bewusst oder unbewusst als Bedrohung bewerten. Es ist dazu nicht unbedingt notwendig, dass sich der Kunde, wie oben dargestellt, schlecht oder provozierend über Ihr Angebot äußert. Es reicht auch schon ein Blick, eine Veränderung des Tonfalls oder auch nur ein einzelnes Wort, damit Sie auf Flucht oder Angriff umschalten. Das gleiche gilt natürlich auch im Gespräch mit Kollegen oder Vorgesetzten. Ihr Gehirn hat Ihnen die Fähigkeit gegeben, viele mögliche Gefahrenquellen schnell zu erkennen und darauf ebenso schnell zu reagieren.
Um zu verstehen, wie und warum der Körper unter Stress in Millisekunden reagiert, ist es zunächst notwendig, einige Prinzipien kurz zu erläutern nach denen unser Gehirn arbeitet.

Abbildung 4: Von der Wahrnehmung zum Verhalten (Quelle: in Anlehnung an Grochowiak)

Die Wahrnehmungsfalle

Der Mensch ist aus evolutionsbiologischen Gründen ein Negativ-Wahrnehmer. Es fällt Menschen in der Regel leichter, etwas zu sehen oder zu hören, was sie stört. Negatives erhält mehr Aufmerksamkeit als Positives. Falls Sie sich dieses Mechanismus‘ nicht bewusst sind, denken Sie doch mal daran, wie Nachrichten aufgemacht sind und welche die größte Aufmerksamkeit bekommen.

Menschen haben die Fähigkeit, bei Störungen und möglichen Bedrohungen viele Details wahrzunehmen. Im Gegenzug werden positive Dinge als eine Einheit betrachtet bzw. lediglich als „normal“ wahrgenommen und damit nur gering emotional bewertet. Durch diese Verzerrung der Realität wird die eigene Wirklichkeit negativer als sie eigentlich ist.

Ein Praxisbeispiel

Wenn Sie in einem Restaurant zum Abendessen waren, dann gab es dort bestimmt viele schöne und positive Dinge, wie Musik, Dekoration, freundliche Menschen usw., die Sie im Normalfall nicht detailliert betrachten. Daher können Sie sich einige Tage später auch nur an den Gesamtendruck erinnern. Aber wenn Sie nur eine Kleinigkeit geärgert hat (Suppe versalzen, Fleisch zu zäh, ein Mitarbeiter ungeschickt etc.), dann kann es leicht passieren, dass diese Kleinigkeit die Kommunikation des gesamten Abends bestimmt („unmöglich hier“), die Erinnerung an den Abend beherrscht oder Ihre Einstellung zum Restaurant verändert („Da gehe ich nie wieder hin“). Natürlich werden Sie jedem, der es wissen will oder auch nicht, von dem nun „furchtbaren“ Abend in allen Details erzählen. Im Gegen-satz dazu werden die vielen schönen und angenehmen Dinge entweder gar nicht wahrgenommen und/oder durch Negatives in den Hintergrund gedrängt.
Das gleiche gilt für Kundenbeziehungen. Einem Kunden fällt es immer leichter, Störungen und Probleme wahrzunehmen und zudem das positive Ergebnis aller Vertriebsanstrengungen als „normal“ zu betrachten.
In Verkauf und Marketing haben diese „Momente der Wahrheit“ eine besondere Bedeutung erlangt. Ein Augenblick reicht aus, um die Erwartungen des Kunden nicht mehr erfüllen zu können – unabhängig davon, dass 99,9% aller anderen Augenblicke perfekt waren.

Es ist also im Verkauf unabdingbar, den Kunden aktiv dabei zu unterstützen, möglichst viel Positives wahrzunehmen und Negativquellen möglichst auszuschließen.

Reaktion und Assoziation

Die Reaktionsgeschwindigkeit unseres Gehirns ist einer der wichtigsten Faktoren im Kampf ums Überleben. Stellen Sie sich vor, unsere Vorfahren hätten erst einmal eine Minute innegehalten, um abzuwägen, ob der Säbelzahntiger eine Bedrohung darstellt. Wir Menschen hätten die Evolution wohl nicht überlebt. Wer eine Straße überquert, der hat auch keine Zeit darüber nachzudenken, ob ihm das laute Hupen des bremsenden Autos bekannt vorkommt. Jeder Augenblick zählt.
Ihr Gehirn kann gar nicht anders als im Verkaufsgespräch die gleiche Reaktionsgeschwindigkeit wie sonst auch zu gewährleisten. Dazu prüft es zunächst, ob Sie Blick, Mimik, Gestik, Satzbau, Betonung usw. schon kennen und ob dieser Eindruck bereits mit irgendwelchen negativen Erlebnissen verknüpft sind. In diesem Assoziationsprozess wird das Gesehene und Gehörte mit Ihren bisherigen Erlebnissen verglichen und bewertet. Wie oft haben Sie diese Wahrnehmung schon gehabt, welche Konsequenzen hatte das für Sie, was haben Sie dabei empfunden? Alle diese Erlebnisse bestimmen die Bewertung Ihrer heutigen Wahrnehmung mit.
Der Assoziationsprozess ist verantwortlich dafür, dass aus Druck Stress wird. Je häufiger und intensiver Sie in der Vergangenheit bedrohliche Erlebnisse hatten, in denen ein bestimmter Blick oder Tonfall eine Rolle gespielt hat, umso intensiver wird Ihre jetzige Reaktion ausfallen.
Die Geschwindigkeit, mit der Ihr Gehirn arbeitet, ist unvorstellbar hoch. Reize werden über Nervenbahnen mit 400 km/h weitergeleitet. In Ihrem Gehirn sind schätzungsweise 100 Milliarden Neuronen, von denen jedes über Synapsen mit 10.000 anderen Neuronen verknüpft ist. Ihr Gehirn ist ein riesiges Netzwerk. Mit dieser Geschwindigkeit können in Millisekunden extrem viele gespeicherte Erlebnisse aktiviert werden.
Ein Beispiel: Wenn Sie die Geschwindigkeit eines weitaus langsameren Netzwerkes als die des eigenen Gehirns testen wollen, dann nehmen Sie das Internet als Beispiel. Öffnen Sie dazu auf Ihrem Computer eine Suchmaschine, wie z. B. Google, und geben als Suchwort „Problem“ ein. Schauen Sie nach, wie viele Treffer in weniger als einer Sekunde bereits gefunden und angezeigt werden. Glauben Sie, dass Ihr Gehirn weniger Treffer in Ihrem „Erlebnisspeicher“ vorweisen kann oder länger braucht?


Unbewusste Verstärkung

Nicht nur, dass Sie eine Geste oder den Tonfall des Kunden in Millisekunden bereits mit Ihren bisherigen Erlebnissen verglichen haben, es werden gleichzeitig noch weitere, weitaus größere Stressauslöser aktiviert, wie z. B. Jobängste („Was denkt mein Chef von mir, wenn der Kunde jetzt nicht kauft? Was heißt das für meine Karriere?“).

Auch hier gilt: je häufiger Sie sich im Vorfeld Gedanken über negative Konsequenzen gemacht haben, desto intensiver sind diese Gedanken ebenfalls gespeichert und werden nun, ob Sie wollen oder nicht, gleichzeitig aktiviert.

Da dieser gesamte Gefahrenerkennungsprozess bislang nur wenige Millisekunden gedauert hat, kann er noch gar nicht ins Bewusstsein dringen. So kann ein Blick des Kunden unbewusst mit der Karriere oder dem sozialen Status verknüpft werden und Stress auslösen bzw. verstärken. Wenn Ihnen dann einige Augenblicke später ein „Störgefühl“ bewusst wird, dann wissen Sie vielleicht nicht einmal, wo die Ursache für dieses Gefühl liegt. Welches Störgefühl Sie haben, hängt von den Emotionen ab, die mit den aktivierten Erinnerungen verknüpft sind: z. B. Unsicherheit, Wut oder Hilflosigkeit.


Speicherung

Woher weiß unser Gehirn, wie intensiv es sich eine Information, einen Eindruck, ein Erlebnis merken muss? Dazu folgt es ebenso einfachen wie einleuchtenden Mechanismen:

1) Wiederholung und Ähnlichkeit des Reizes

Je häufiger Sie eine bestimmte Wahrnehmung haben, also zum Beispiel dasselbe oder etwas ähnliches sehen oder hören, oder auch bestimmte Gedanken haben, desto fester und stabiler wird die Verbindung zwischen den aktivierten Nervenzellen.

2) Emotion

Je intensiver ein Augenblick emotional erlebt wird, und zwar sowohl positiv als auch negativ, desto intensiver wird die Information gespeichert.

3) Art und Anzahl der Sinneskanäle

Der Mensch besitzt die fünf Sinneskanäle Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Tasten bzw. Fühlen. Dabei ist bei den allermeisten Menschen die Präferenz für den visuellen Kanal (Sehen) am stärksten ausgeprägt. Sie können sich an das, was sie gesehen haben, wesentlich besser erinnern als an das, was sie gehört haben. Je mehr Sinneskanäle bei der Aufnahme einer Information aktiviert sind, desto besser wird die Information gespeichert.


Lernen bzw. Speichern geschieht vereinfacht gesagt dadurch, indem sich die Fläche zwischen zwei Synapsen vergrößert und so die Reizübertragung leichter und schneller wird. Um diesen Sachverhalt bildlich darzustellen, folgen wir einem Beispiel des bekannten Wissenschaftlers und Gehirnforschers Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer.
Beispiel: Stellen Sie sich vor, es ist Winter und Sie schauen von oben auf eine Wiese herab. Sie sehen eine weiße Fläche. Wenn nun einige Menschen über diese Wiese laufen, hinterlassen Sie dort Fußspuren. Die Muster der Spuren sind mehr oder weniger zufällig und folgen keinem bestimmten Muster. Wenn es wieder schneit, werden viele Fußspuren zugedeckt. Nur dort, wo tiefere Eindrücke waren, kann man die Spuren noch erkennen. So ist es auch mit Ihren Gedanken und Erlebnissen. Auch sie hinterlassen Spuren im Gehirn. Je tiefer die Eindrücke des Tages waren, desto leichter kann man sich an sie erinnern. Und vieles verschwindet auch wieder. Und zwar all das, was im wahrsten Sinne des Wortes keinen Ein-druck durch die o. g. Mechanismen hinterlassen hat.
Stellen Sie sich weiter vor, am nächsten Tag macht auf der Wiese ein Glühweinstand auf. Wie verlaufen nun die Fußspuren? Wie Sie richtig annehmen werden, werden viele Spuren in Richtung Glühweinstand führen. Wenn nun einige Meter entfernt ein WC aufgestellt wird, dann wird zwischen diesen beiden Plätzen im Verlauf des Tages der Schnee förmlich platt getrampelt. Die Spur bleibt auch sichtbar, wenn es abends wieder schneit.
Es können aber auch in Sekundenbruchteilen so tiefe Spuren hinterlassen werden, dass sie sogar noch im Sommer auf dem Untergrund zu sehen sind. Das ist zum Beispiel bei einem traumatischen Erlebnis der Fall. Das geht so weit, dass zum Beispiel bei Soldaten, die wiederkehrenden traumatischen Erlebnissen ausgesetzt waren, der Stressmechanismus selbst dauerhaft geschädigt wurde.

Je häufiger und intensiver Sie Ereignisse in der Vergangenheit als bedrohlich eingestuft haben, desto intensiver wird Ihre Reaktion ausfallen. Daher ist eine wichtige Strategie gegen den Stress im Vertrieb, dass Sie zukünftig mehr Dinge und Erlebnisse bewusst wahrnehmen, die Sie als Bereicherung empfinden.

Denkgewohnheiten

Etwas in seinem Leben zu verändern, kann sehr anspruchsvoll sein. Das weiß jeder, der einmal versucht hat, mit dem Rauchen aufzuhören oder seine Essgewohnheiten umzustellen.
Beispiel: Um die Herausforderungen zu verdeutlichen, die sich beim Lernen und Umsetzen neuen Verhaltens zeigen, gehen wir noch einmal zurück zur verschneiten Wiese vom obigen Beispiel. Stellen Sie sich vor, am nächsten Tag öffnet ein Würstchenstand, einige Meter vom Glühweinstand entfernt. Welchen Weg werden die Gäste von hier nehmen, wenn Sie zur Toilette gehen? Werden Sie durch den hohen Schnee stapfen, wo noch keiner gelaufen ist? Oder werden Sie den nahe gelegenen und bereits vorhandenen Trampelpfad vom Glühweinstand nehmen? Wieder ist es unschwer vorzustellen, dass die meisten Gäste den Trampelpfad nehmen werden und nur einige durch den Schnee stapfen.
Es wird also einige Zeit dauern, bis sich ein zweiter Trampelpfad gebildet hat. Übertragen auf die Funktionsweise unseres Gehirns liefert dieses Beispiel eine gute Erklärung dafür, warum es Menschen oft schwerfällt, ausgetretene Pfade zu verlassen. Es ist leichter und angenehmer den Weg des geringsten Widerstandes zu gehen.
Stellen Sie sich vor, ein Verkäufer grübelt jeden Tag eine halbe Stunde darüber nach, wie unfair und ungerecht die Kunden und die Vorgesetzten sind. Das bedeutet, dass er bereits im Laufe eines Jahres über 100 Stunden Denkzeit damit verbracht hat, ein dichtes Netz aus „Ungerechtigkeits-Neuronen“ zu knüpfen.
Wenn Sie jetzt eine halbe Stunde für zu viel halten, dann fragen Sie sich doch einmal, wie lange Sie auf dem Weg zur Arbeit oder auf dem Weg nach Hause solche Gedanken haben oder im Gespräch mit Kollegen, Freunden und Familienangehörigen solche Themen besprechen. Denken Sie an das Prinzip Ähnlichkeit und Wiederholung. Viele Teilnehmer meiner Seminare verbringen noch viel mehr Lebenszeit mit grüblerischen Gedanken und Gesprächen über Probleme, die zu keiner Lösung führen. Wenn Sie ehrlich zu sich sagen können, dass das bei Ihnen nicht so ist, dass Sie nur kurz über Probleme nachdenken, nicht grübeln und schnell abhaken können, dann können Sie sich selbst gratulieren. Denn das ist bereits die beste Basis, um Druck meistern zu können.
Was bedeutet dieses Beispiel und das Prinzip von Ähnlichkeit und Wiederholung für die Generalmobilmachung unseres Körpers durch einen einzigen Blick des Kunden? In Milli-sekunden aktivieren Sie Ihren ganz persönlichen „Trampelpfad“ im Kopf, den Sie mit der Zeit angelegt haben. Ihre unmittelbare Reaktion folgt der dadurch assoziierten Verstärkung Ihrer im Gehirn gespeicherten Erlebnisse, aber auch Ihren Wünschen, Zielen, Über-zeugungen und Ängsten. Wenn Sie sich schon mal gefragt haben, warum Sie bei Kleinigkeiten übertrieben reagieren, dann kann das der Grund dafür sein.

Unabhängig davon, wie viele Stressoren aktiv sind bzw. wie breit Ihr „Trampelpfad“ ist, sobald nur eine Bedrohung identifiziert ist, kommt sofort in Ihrem Körper eine Kettenreaktion in Gang, die Ihnen Energie zum Angriff oder zur Verteidigung bereitstellt. Schließlich geht es für Ihr Gehirn um Ihr Überleben.

Wenn Sie sich selber eher zu den Grüblern und Nörglern zählen, ist es für Sie besonders wichtig, das Positive in Ihrem Leben zu vergrößern. Dadurch, dass Sie sich mit bestimmten Dingen intensiver beschäftigen, werden sie nicht nur intensiver gespeichert, es wird auch ein Wahrnehmungsfilter für den nächsten Kontaktpunkt gesetzt und so die Grundlage für eine sich selbst erfüllende Prophezeiung („Self fulfilling prophecy“) geschaffen. Dieser Vorgang gilt natürlich gleichermaßen für positive und negative Erlebnisse.