Ein Verkaufsprozess ist nur so gut, wie seine Umsetzung. Erfolgreiche Unternehmen definieren diese deshalb nicht nur, so die Mercuri Sales Excellence Studie 2017, sondern unterstützen ihre Mitarbeiter mit unterschiedlichsten Maßnahmen und Instrumenten, diese Prozesse auch konsequent und erfolgreich in die Praxis umzusetzen.
Eins ist klar: Erfahrung allein macht halt nicht immer den Meister
Bei einem gemeinsamen Kundenbesuch mit einem Außendienstmitarbeiter (ADM) passierte Folgendes: der erfahrene Verkäufer von Investitionsgütern wurde nach einer Fülle technischer Erläuterungen am Ende des Gespräches mit der Frage konfrontiert:
„Und warum soll ich mich jetzt für Sie entscheiden?“. „Wegen unserer hohen Qualität!“, war die spontane Antwort.
Was glauben Sie? Hat das den Kunden überzeugt? Natürlich nicht, im Gegenteil. Dieser lehnte sich zurück, lächelte und meinte süffisant: „Der Kuchen von meiner Großmutter ist auch von hoher Qualität!“.
(Für mich als Beobachter war es gar nicht so einfach, ernst zu bleiben…) Offensichtlich hatte unser Kunde diese oberflächliche Antwort schon allzu oft gehört und machte sich nun einen Spaß daraus, Verkäufer aus der Reserve zu locken.
„Wie meinen Sie das?“, fragte unser Verkäufer tatsächlich irritiert.
„Ganz einfach: alle Produkte haben heute hohe Qualität! Das ist heute eine Grundvoraussetzung“, führte der Kunde aus und genoss sichtlich die Situation.
„Immerhin produzieren wir in Deutschland!“, gab der Verkäufer daraufhin zu bedenken und war überzeugt, jetzt einen Treffer gelandet zu haben.
Und war das jetzt hilfreich? Sie ahnen es sicher. Unser Kunde brauchte für seine Antwort keine Sekunde und meinte bloß spontan „Also sind Sie zu teuer!“. Und so ging das Pingpong-Spiel noch ein paar Minuten weiter.
Die Schlussfolgerung aus diesem Dialog: als Verkäufer muss ich mich auf das zu Erwartende vorbereiten. Genauso wie Oma nicht alles aus dem Bauch macht und sich im Gegenteil guter alter Koch-/Backbücher bedient, benötigt der Verkäufer Standards, damit er sich auf schwierige Situationen und Stereotypen einstellen kann. In diesem Fall hätte er mit besserer Vorbereitung gepunktet. Diese Chance hatte er leider vertan.
Wie kann die Gesprächsqualität gehoben werden?
Leider ist dieses beschriebene Beispiel kein Einzelfall. Das ist bemerkenswert, da der Vertrieb branchenübergreifend ca. 13% des Umsatzes eines Unternehmens kostet und Unternehmen in Deutschland über 2 Mrd. Euro im Jahr für vertriebliche Aus- und Weiterbildung investieren. Da sollte flächendeckend mehr Qualität erwartet werden. Immerhin sind diese Investitionen ein deutliches Indiz dafür, dass die Unternehmen den Stellenwert der Ressource „Mitarbeiter“ anerkennen. In diesem Kontext spricht die Skandia Lebensversicherungs AG vom intellektuellen Kapital oder auch den versteckten Werten des Unternehmens. „Kein Unternehmen kann es sich leisten, seine wertvollsten Aktiva ungenutzt zu lassen: die intellektuellen Ressourcen seiner Mitarbeiter“ (Leif Edvinsson).
In einer Mercuri-Studie (Measuring Return on Training Investment) waren jedoch nur etwas mehr als die Hälfte der Befragten (56%) der Ansicht, dass Trainings etwas zur Realisierung der Vertriebsziele beitragen. Anforderungen an Trainings und die Zufriedenheit mit der Durchführung klaffen oft weit auseinander:
Verkäufer reagieren erfahrungsgemäß sehr empfindlich, wenn sie das Gefühl haben, dass ein Seminar nicht ihren Verkäuferalltag widerspiegelt oder es ihren persönlichen Zielen näherbringt. Ebenso ist es wenig sinnvoll, ein theoretisches Optimum zu trainieren und einem „allwissenden“ Trainer-Guru zuzuhören. Vielmehr sollte ein Lernprozess bei den Beteiligten initiiert und ihnen möglichst viele Möglichkeiten eingeräumt werden, neues Verhalten zu trainieren. Jedem Verkäufer sollte am Ende eines Seminars klar sein, „was mache ich morgen früh anders als bisher und wie kann ich das angehen”. Anderenfalls werden die guten Vorsätze im Nachgang zur Seminarveranstaltung aufgrund des Tagesgeschäfts schnell wieder versanden. Oft zeigen sich auch die Führungskräfte über die Schulungsinhalte schlecht informiert und agieren im Extremfall sogar kontraproduktiv (“kehren wir zurück zur Praxis!”).
Verkaufsprozesse, Tools und Instrumente sowie abgestimmte Trainings als Grundlage für bessere Gespräche und damit für mehr Verkaufserfolg
In einer immer komplexeren Welt brauchen die Mitarbeiter Orientierung. Und nicht erst seit die Digitalisierung Einzug in die Verkaufsprozesse gehalten hat, verliert der ADM das Monopol auf seinen Kunden. Immer mehr Kolleginnen und Kollegen stehen in Kontakt mit verschiedenen Stellen des Kunden und übernehmen Aufgaben innerhalb des Verkaufsprozesses.
Prozesse und Standards helfen dem ADM also dabei, zur richtigen Zeit das Richtige zu tun. Checklisten und Instrumente, wie zum Beispiel Positionierungsbotschaften (als Antwort auf die Frage „Warum mit Ihnen?“), Argumentationspläne für Produkte mit Nutzenargumentationen und gezielten Fragen sowie den typischen Einwänden können gleichsam als Wissensdatenbank dienen oder im Coaching, z.B. durch die Führungskräfte, die sogenannten Frontline-Manager, als Leitfaden genutzt werden.
Die Vorteile für Unternehmen und Verkäufer liegen also auf der Hand. Ein definierter Verkaufsprozess gibt nicht nur eine klare Struktur vor, mit der die Verkäufer ihre Aktivitäten hinsichtlich Quantität und Richtung planen können, sie ermöglicht auch über die Erfolgsquoten zwischen den einzelnen Schritten die Verkaufspipeline zu gestalten. Es ist daher erforderlich, dass CRM-Systeme zumindest Standard-Verkaufsprozesse inkl. Pipeline enthalten. So weit so gut. Aber nur, wenn die einzelnen Schritte mit Checklisten und unterstützenden Instrumenten versehen werden, können sie auch mit Leben gefüllt werden und so Benchmark für die Qualität der Durchführung sein.
Die folgende Abbildung zeigt die Verzahnung von Verkaufsprozess, Training und Instrumenten:
Welche Vorteile ergeben sich konkret?
Mit Hilfe von Verkaufsprozessen lassen sich Trainings an konkreten Aufgaben ausrichten und an definierten Kennziffern in ihrem Erfolg messen. Damit sind Praxisnähe und Messbarkeit gewährleistet. Weitere Vorteile:
- Wenn ein konkreter Verkaufsprozess als Ausgangsbasis dient, unterstützt das Training den Praxistransfer. Strategieformulierung und Umsetzung sind dann ideal miteinander verknüpft. Die Strategie kommt tatsächlich bei den Mitarbeitern an.
- Das Training ordnet sich den Marktzielen unter und wird Mittel zum Zweck. Es soll allen Beteiligten helfen, ihre Prozessziele zu realisieren.
- Dem strukturierten Erfahrungsaustausch kommt eine ganz wesentliche Rolle zu. Erkenntnisse, Erfolgs-Stories und Kennziffern pro Prozess werden systematisch erfasst. Damit wird ein professionelles Benchmarking entwickelt, das den Beteiligten weiterhilft.
- Die Führungskräfte lassen sich konkret als Prozesspromotoren und Coaches in ein Programm integrieren. Dadurch lässt sich sicherstellen, dass die Trainingsinhalte auch verbindlich umgesetzt werden. Die Manager müssen dazu allerdings die erforderlichen Rahmenbedingungen für den Verkaufsalltag schaffen.
- Durch den Sales-Prozess-Gedanken nimmt das Training den Charakter eines Projektes an. Damit verlängert sich in den Köpfen der Teilnehmer das Training und die Verbindlichkeit steigt.
Es sind also viele Zutaten in der richtigen Reihenfolge, die einen guten Kuchen – und auch ein Gespräch von hoher Qualität ausmachen. Zudem man muss wissen, wo das Rezept zu finden ist und es auch nutzen wollen. Erfolg hat drei Buchstaben: T-U-N.
Thomas Trilling, Senior Consultant.