In unserer Rubrik „10 Fragen an Vertriebsprofis“ sprechen wir mit Vertriebs-Führungskräften unterschiedlicher Branchen und Unternehmensgrößen. Gemeinsam greifen wir aktuelle Zukunftstrends im Vertrieb auf, leuchten aber auch ein bisschen hinter die Kulissen unserer Kunden und Unternehmen.
Die Krone Nutzfahrzeug Gruppe ist einer der größten Hersteller von LKW-Anhängern und Sattelaufliegern in Europa. Die Gruppe gehört zur Bernard Krone Holding mit Sitz in Spelle im Landkreis Emsland. Das Fahrzeugwerk Krone ist schwerpunktmäßig in Deutschland und Europa aktiv.
Mein Dank gilt Herrn Schulze Isfort, Geschäftsführender Direktor bei KRONE, der uns im folgenden Interview einen interessanten Einblick in die Vertriebsstrukturen eines internationalen Nutzfahrzeugherstellers gibt.
Christian Peters: Herr Schulze Isfort, als Geschäftsführender Direktor sind Sie für Vertrieb & Marketing der KRONE Commercial Vehicle SE verantwortlich. Was zeichnet Ihre Position aus? Welche sind Ihre konkreten Tätigkeiten? Und welche vertrieblichen Stationen haben Sie in Ihrer beruflichen Laufbahn bereits innegehabt?
Gero Schulze Isfort: Ich erlangte 1986 an der Universität Stuttgart – Hohenheim, nach 2-jähriger Bundeswehrzeit und praktischer landwirtschaftlicher Ausbildung in NRW, meinen Studienabschluss als Dipl. Ing. agr. im Fach Allgemeine Agrarwissenschaften, Fachrichtung Agrartechnik. Bis ich im Jahr 2003 die Alleingeschäftsführung der Same Deutz–Fahr Deutschland GmbH in Lauingen / Bayern übernahm, hatte ich bei dem internationalen Landmaschinenhersteller CLAAS verschiedene Leitende Positionen in den Bereichen Produktmanagement, Vertrieb/Export Übersee und Marketing der Gruppe in Harsewinkel und drei verschiedenen ausländischen Tochtergesellschaften inne. Im Jahr 2005 wechselte ich dann als Geschäftsführer Vertrieb & Marketing nach Niedersachsen in die Krone Holding GmbH & Co.KG. Seit 2016 bin ich als Geschäftsführender Direktor der neu gegründeten Krone Commercial Vehicle SE, mit Sitz in Werlte, für die Bereiche Vertrieb und Marketing in der Krone Nutzfahrzeug Gruppe verantwortlich. Meine Aufgaben erfordern viel internationale Kommunikation bei einem Exportanteil von über 70 Prozent. Dabei helfen mir meine drei Fremdsprachen: Englisch, Französisch und Spanisch natürlich sehr.
Viele neue Produkte entstehen überhaupt erst, weil der Vertrieb die Anregungen der Kunden aufnimmt und in die Fachabteilung weiterreicht. Die Maxime lautet „zuhören
CP: Als internationaler Anbieter von LKW-Anhängern und Sattelaufliegern befinden Sie sich in einer sehr heterogenen Wettbewerbslandschaft zwischen wenigen sehr großen Marktteilnehmern und einigen kleinen Anbietern. Wodurch werden Ihr Marktumfeld bspw. Herausforderungen in der Marktbearbeitung gekennzeichnet.
Gero Schulze Isfort: Unser europäisches und internationales Marktumfeld steht seit Jahren unter Preisdruck. Ganz zu schweigen von den drohenden zollpolitischen Veränderungen. Fakt ist auch, dass die Transportbranche ohnehin alleine kämpft. Transport soll stattfinden, aber die Fahrzeuge sollen bitte nicht stören. Der Verbraucher stellt enorm hohe Ansprüche und erwartet, dass die Versorgung mit Lebensmitteln und anderen Konsumgütern als Dienstleistung quasi „umsonst“ erfolgt. In der Bevölkerung ist wenig Bewusstsein dafür, dass gerade der Onlinehandel und „Just in Time“ die Situation in der City, auf den Straßen und Autobahnen verschärft haben. Eine weitere Herausforderung liegt in der steigenden Produktkomplexität von Nutzfahrzeugen. Wir Hersteller greifen umfassende Fahrzeugdaten ab: die Position des Fahrzeugs, die Kühldaten und den Verschleiß, aber auch den Status der bewegten Ware.
CP: Das Image des Vertriebs ist nicht in jedem Unternehmen gut. Wie wird der Vertrieb in Ihrem Unternehmen durch die anderen Unternehmensbereiche wahrgenommen?
Gero Schulze Isfort: Schauen Sie, Krone ist ein familiengeführtes Unternehmen, weltweit aktiv, mit einem ganz eigenen Profil und authentischen Persönlichkeiten. Ich bin sehr dankbar für eine extrem hohe Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen. Dies ist sicher auch ein Schlüssel unseres Erfolges. Das Standing unseres Vertriebs ist ausgezeichnet und seine strategische Bedeutung klar. Unser Vertriebsteam ist unsere Visitenkarte. Wir sind überall stark auf den Kunden fokussiert und diese Haltung prägt auch unsere Tochtergesellschaften und Verkaufsniederlassungen im Ausland. Kundenfokussierung, Mitarbeitertreue, Loyalität und der Dialog der Fachabteilungen sind entscheidend. Bevor wir unsere Vertriebsleute ins Feld schicken, durchlaufen sie nicht nur technische Fachabteilungen und unsere Werke. Sie kennen Produkte und Herstellverfahren von der Pieke auf. Das verbessert unsere Beratungsqualität und beeinflusst die Kaufentscheidung positiv. Viele neue Produkte entstehen überhaupt erst, weil der Vertrieb die Anregungen der Kunden aufnimmt und in die Fachabteilung weiterreicht. Die Maxime lautet „zuhören“.
Die Digitalisierung wird in den kommenden Monaten noch einige Arbeitsweisen revolutionieren und völlig neue Anforderungen an unseren Außendienst stellen.
CP: Sie sprechen mit Ihren Produkten und Lösungen unterschiedliche Unternehmen an. Haben Sie die entsprechend passenden Vertriebsfunktionen zu den verschiedenen Kundensegmenten installiert? Bspw. Key Account Manager, regionale Verkaufsteams, Branchenmanager?
Gero Schulze Isfort: Ja, unbedingt. Wir betreuen Großkunden über unser Key Account Management. Wir segmentieren nicht nur nach Auftragsvolumina, sondern nach Transportarten: Kühltransporte sind anders als reine General Cargo Transporteure. Das Fachwissen im Vertrieb bildet die Unterschiede ab. Kunden, die temperaturgeführte Transporte und verderbliche Ware fahren, nutzen ganz andere Fahrzeuge und Services als die Kunden, die ausschließlich mit Planen- Aufliegern Waren transportieren, die weniger empfindlich sind. Unser Vertriebsnetz baut sich aus regionalen Vertriebsleiterpositionen und Ländervertretungen auf. Wir schulen sie regelmäßig und bereiten sie auf die Veränderungen im Markt vor. Umgekehrt erhalten wir digital wöchentliche Berichte zur Vertriebstätigkeit und zu den Bedarfen im Feld. Auch da wird in der Krone Nutzfahrzeug Gruppe die Digitalisierung in den kommenden Monaten noch einige Arbeitsweisen revolutionieren und völlig neue Anforderungen an unseren Außendienst stellen.
CP: Immer mehr Unternehmen verabschieden sich vom traditionellen Produktverkauf und gehen über zum Lösungsverkauf oder auch Value Selling. Als Anbieter vergleichbarer Lösungen müssen Sie stärker auf die Argumentation von Mehrwerten setzen. Wie machen Sie das in der Praxis?
Gero Schulze Isfort: Wir haben unsere Strategie „Progress 2020“ in der Umsetzung. Große Investitionen befinden sich in der Fertigstellung. Wichtige Meilensteine sind gesetzt, Standorte gefestigt, neue Produkte und Services bereichern unser Portfolio. In der Gesamtrechnung wird dem Kunden der Mehrwert deutlich. Nach Kauf lassen wir den Kunden nicht allein, sondern unterstützen sein Flottenmanagement und schaffen echten Krone Mehrwert rund um den Trailer durch unser gesamtes Dienstleistungsportfolio.
Wir müssen Mehrwerte schaffen, die für den Kunden konkret und greifbar sind… Die Aufgabe des Vertriebs ist es, den Kunden in die Lage zu versetzen, seine eigenen Geschäfte voranzubringen.
CP: Viele Vertriebsorganisationen werden immer noch ausschließlich über Umsatz, also ergebnisorientierte Kennzahlen geführt und incentiviert. Der Trend geht nun stärker zu aktivitätenbezogenen KPIs. Wie bzw. mit welchen Kennzahlen führen Sie Ihre Organisation?
Gero Schulze Isfort: Wir erfassen in digitalen Berichten die Ergebnisse aus den Verkaufsgesprächen und halten regelmäßig Rücksprachen mit unseren Vertriebsleuten im Feld. So stoßen wir mit den Kunden Verbesserungsprozesse an. Die Abteilung Produktmanagement nimmt die Anregungen auf und setzt sie mit der Forschung und Entwicklung um, wenn die neue Lösung das Unternehmen im Ertrag und Volumen nachhaltig weiterbringt.
CP: Was sind Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen, mit denen Ihr Vertrieb bzw. Sie als Geschäftsführer Vertrieb tagtäglich konfrontiert werden?
Gero Schulze Isfort: Meine Vertriebsmannschaft und ich müssen täglich schneller und flexibler als die anderen auf die Veränderungen im Markt reagieren, sowohl beim Bau aerodynamischer Fahrzeuge, bei der Entwicklung telematischer Dienstleistungen wie unser Laderaumüberwachungssystem als auch beim Voranbringen des papierlosen Trailers. Wir müssen Mehrwerte schaffen, die für den Kunden konkret und greifbar sind: leichtere Fahrzeuge, zeitsparende, multifunktionale Aufbauten, leichtbedienbare Komponenten und Datenverfügbarkeit rund um den Trailer. Das alles zu einem fairen Preis. Die Aufgabe des Vertriebs ist es, den Kunden in die Lage zu versetzen, seine eigenen Geschäfte voranzubringen. Dafür liefern wir ihm das das Fahrzeug mit der passenden Sensorik, verlässlichen Telematik Services sowie Finanzierungen.
…bleibt es bei Social Selling hingegen bei der bloßen Abbildung von sogenannten Kontakten im Netz, die eine Kundenbeziehung suggerieren, ist es wenig hilfreich.
CP: Social Selling als neuer Verkaufsansatz wird immer wichtiger. Herr Schulze Isfort, Sie sind seit vielen Jahren mit einem eigenen Profil bei LinkedIn sehr aktiv vertreten. Welche Bedeutung gewinnen Ihrer Meinung nach die sozialen Medien für die Gestaltung des eigenen Verkaufsprozesses und die Beeinflussung des Kaufentscheidungsprozesses Ihrer Kunden?
Gero Schulze Isfort: Social Selling als Verkaufsansatz ist gar nicht so unumstritten. Die einen sagen, Social Selling sei die Kunst, Social Media-Netzwerke wie LinkedIn so einzusetzen, dass Kontakte zwischen Fahrzeughersteller und Transporteur vereinfacht werden. Sprich, ohne Termin und ortsungebunden findet mein Kunde mich, umgekehrt finde ich ihn… Andere sagen, Social Selling sei komplett überbewertet.
Ich hingegen sage: Wenn Social Selling in einem zweiten Schritt tatsächlich einen echten, persönlichen Kontakt zum Transporteur herstellt, bin ich mit dieser Form der Akquise einverstanden.
Bleibt es hingegen bei der bloßen Abbildung von sogenannten Kontakten im Netz, die eine Kundenbeziehung suggerieren, ist es wenig hilfreich.
Es stellt sich auch die Frage, wieviel Energie und Zeit kann ich als einzelner Mitarbeiter noch in Social Selling für die Profilpflege und das Image meines Unternehmens investieren? Unser zentrales Marketing hingegen ist da sehr rege: auf Facebook, Instagram, LinkedIn und YouTube stehen unsere Mitarbeiter im Dialog mit Fernfahrern und anderen Akteuren der Logistikkette. Das ist lebendig und kundennah.
Wir sehen den persönlichen Kundenbesuch und die Kommunikation nach wie vor als „den“ Schlüsselfaktor zum Erfolg… Die Kundenbeziehung zählt und kreiert final den Erfolg unserer Kunden.
CP: Digitalisierung ist das Schlagwort der vergangenen Monate und Gegenstand medialer Berichterstattung – Digitalisierung wird die Geschäftswelt nachhaltig verändern. Welche Rolle spielt dieser Trend in Ihrem Bereich und wie gehen Sie damit um?
Gero Schulze Isfort: Die Digitalisierung des Produkts und der herstellungs- und vertriebsunterstützenden Prozesse ist längst vollzogen. Der Datenumfang, den wir aus Trailer und transportierter Ware abgreifen, beschleunigt die Prozesse und macht sie transparenter.
Dennoch bleibt der Trailer ein Produkt, das über den Vertriebsmitarbeiter zum Kunden gelangt. Rein physisch ist die Abholung des Fahrzeugs ein Muss: der Kunde kommt mit seiner Zugmaschine zu uns ins Werk, der Kontakt ist sehr persönlich. Alle unsere Strukturen sind darauf ausgelegt: z. B. die Abholung im Trailer Point und die Kundenbesuche im TrailerForum in Werlte.
CP: Wie sehen Sie persönlich den Vertrieb der Zukunft und welche Herausforderungen sind damit verbunden?
Gero Schulze Isfort: Als Geschäftsführender Direktor sage ich, die Herausforderung in der Nutzfahrzeugbranche liegt in der Beratungsqualität und ihrer Professionalisierung. Wir verstehen uns aufgrund der diversen Einflussgrößen als Mobilitätsberater, Nutzfahrzeuge bleiben beratungsintensiv. Wir sehen den persönlichen Kundenbesuch und die Kommunikation nach wie vor als „den“ Schlüsselfaktor zum Erfolg.
Das ist gewissermaßen der Kern, die Rose im Bouquet. Kennzahlen und Softwarelösungen sind hilfreiches Beiwerk, das Grünzeug im Strauß. Die Kundenbeziehung zählt und kreiert final den Erfolg unserer Kunden. Wenn der Kunde gewinnt, gewinnen wir auch.
CP: Vielen Dank, Herr Schulze Isfort, für Ihre Zeit und das Interview.
Das Interview führte Christian Peters, Leiter Marktentwicklung.