Planung ist die Voraussetzung für eine proaktive Kundenbearbeitung. In den leistungsstärksten Unternehmen wird für jeden Kunden ein individueller Plan erstellt, der speziell an die Anforderungen des jeweiligen Kunden zugeschnitten ist. Kunden werden folglich systematisch und nicht zufällig oder auf Zuruf bearbeitet.
Stellen Sie sich ein mit Wasser gefülltes Fass vor. Daraus entnehmen Sie täglich Wasser zum Trinken. Exakt in derselben Menge wie entnommen, füllen Sie das Wasser aus einer nahen Quelle in der Nacht auf. Sie wissen, dass es nur für Sie reicht und eine Abgabe an Dritte nicht denkbar wäre. Sie könnten in Gefahr laufen, sich selbst nicht langfristig bei höherem Bedarf versorgen zu können.
Gerade als Sie bemerken, dass Ihre bisher sichere Quelle bald austrocknet, entdecken Sie zudem ein kleines Leck im Fass. Daraus entrinnt täglich 5% Wasser. Leider haben Sie hierfür kein Werkzeug und ein neues Fass werden Sie nicht auftreiben können.
Es bleibt Ihnen nichts anderes übrig, als sich auf die Suche nach einer neuen Wasserquelle zu begeben, um langfristig Ihren Bedarf weiter decken zu können. Mit hohem Zeit- und Energieaufwand entpuppt sich nicht jede neue Quelle als mit trinkbarem Wasser gefüllt. Lediglich eine von zehn Quellen weist trinkbares Wasser auf und nur bei drei von zehn Quellen mit trinkbarem Wasser ist die Entnahme rentabel. Aufgrund der Tatsache, dass sich Ihre Suche als zu spät erwies und mit einem höheren Wasserverbrauch wegen des erhöhten Energieeinsatzes einherging, kämpfen Sie nach Wochen um Ihr Überleben, da Sie bis dahin lediglich einen geringen Teil des ausfließenden Wassers kompensieren konnten.
In etwa dieser Situation befinden sich Vertriebsmitarbeiter, wenn sie zum Beispiel Ihren Umsatz vorwiegend bei Bestandskunden generieren, mit vorlieb auf Anfragen reagieren und sporadisch unqualifizierte Neukunden akquirieren. Letzteres führt sogar dazu, ungeübt einer eigentlichen Haupttätigkeit einer Vertriebsfunktion nachzugehen und im Zweifel durch eine falsche Kundenanasprache potenzielle Kunden zu „verbrennen“. Mittelfristig werden Kunden verloren. Der Wettbewerb schläft nicht. Bestandkunden werden angegriffen und erfolgreich abgeworben. Zudem trennen sich Kunden von Ihrem Lieferanten/ Dienstleister häufig, wenn sie mit ihnen schlechte Erfahrungen machen oder aus unternehmenspolitischen Gründen regelmäßig wechseln müssen.
Planen Sie deshalb Ihre Kunden systematisch! Und zwar kontinuierlich. Ein guter Moment dazu bietet die aktuelle bzw. anstehende Sommerpause, ehe Sie im wohlverdienten Urlaub ein Cocktail am Strand schlürfen oder Ihr Weizenbier in den Bergen ansetzen. Wo stehen Sie derzeitig in Hinblick auf Ihre Zielvereinbarung? Wie sieht die Pipeline aus? Welche Prospect müssen noch angesprochen werden? Wie ist der Bearbeitungsstand bei Ihren Bestandkunden? Wo gibt es Defizite?
Werden Sie initiativ, sonst könnte der Winterurlaub im Zweifel kalt und frostig werden und zudem auf Balkonien stattfinden.
Zu viele Vertriebler sind sich zu wenig über die geringe Verfügbarkeit der ‚aktiven Verkaufszeit‘ (AVZ) bewusst. Die AVZ ist die Zeit, in der sie im direkten Kontakt mit Ihrem Händler sind (Besuch, Telefon und teilweise per Mail). Nur in dieser recht kurzen Zeit können sie Kunden steuern und Ergebnisse realisieren. Ein Großteil der Tätigkeiten im Vertriebsalltag werden meistens durch beispielsweise die Reisezeit, Wartezeit, Administration, Meetings und Vorbereitung eingenommen. „Es ist besser die richtige Arbeit zu tun (= Effektivität), als eine Arbeit nur richtig zu tun (= Effizienz)”. (Zitat Peter Drucker)
Ergebnisse im Vertrieb finden zeitversetzt zu vorangegangen Aktivitäten statt! Die Selektion und Priorisierung der Zielkunden wird vor der Akquise vorgenommen. Der Bedarfsanalyse mit potenziellen Neukunden geht eine Telefonakquise voran. Lösungspräsentationen und Verhandlungsgespräche finden in der Regel nach der Bedarfsanalyse statt. Vor der Auftragserteilung wiederum wird im Vorfeld verhandelt. Parallel dazu müssen die eigenen Kunden gebunden und ausgebaut werden.
Damit Vertriebsmitarbeiter also nicht in Bredouille geraten Ihre Vertriebsziele zu erfüllen, ist die Neukundenakquise meist unabdingbar. Anstelle ins Blaue hinein zu akquirieren, empfiehlt es sich, für die Zielkundenliste zunächst Selektionskriterien festzulegen, um potenzielle Neukunden anzugehen, die attraktiv hinsichtlich Umsatzpotenzial sind. Diese sind von Unternehmen zu Unternehmen hinsichtlich Produkt und Dienstleistung unterschiedlich. Um zu vermeiden zunächst die wenig umsatzbringenden potenziellen Neukunden anzusprechen, sollten diese im nächsten Schritt nach Ihrer Attraktivität beurteilt und von „sehr attraktiv“ bis „weniger attraktiv“ priorisiert und bearbeitet werden. Beginge man den Fehler weniger attraktive potenzielle Neukunden zu priorisieren, anzusprechen und Termine wahrzunehmen, wäre es durchaus denkbar, dass der Wettbewerb in der selben Zeit die sehr attraktiven potenziellen Neukunden für sich gewinnt. Ein anschließend schneller erneuter Kundenwechsel zu einem anderen Lieferanten bzw. Dienstleister ist nicht die Regeln und somit wären diese wiederum auf der eigenen „Warteliste“.
Nicht alle Akquise-Tätigkeiten führen auch zu einem Termin. Die Zielkundenliste sollte daher gut gefüllt sein. Führt die Akquise von potenziellen Neukunden zu einem Termin, handelt es sich von nun an um Interessenten. Und wiederum nicht alle Termine mit Interessenten führen zu Folgeterminen, weil zum Beispiel kein Mehrwert gesehen wird oder die Erwartungshaltung kundenseitig für den Termin eine ganz andere war. Durchaus gibt es dabei auch viele externe Gründe, die der Vertriebler nicht beeinflussen kann, warum Folgetermine nicht zustande kommen. Zum Beispiel könnten sich kurzfristig die Prioritäten beim potenziellen Neukunden verändert haben. Abgesehen davon, dass Vertriebler bei beeinflussbaren Gründen an Ihren Kompetenzen arbeiten sollten, gilt es auch bei augenscheinlich vollem Terminplan Zeitfenster einzubauen, um regelmäßig neue potenzielle Kunden anzusprechen. Durchaus lässt sich der Terminplan auch damit entlasten, wenn die Fahrrouten bei der Wochenplanung für Kundenbesuche optimiert werden, um unnötige gefahrene Kilometer und somit unnötigen Zeitverlust zu vermeiden.
Haben die richtigen Akquise-Aktivitäten und das richtige Verhalten im Kontakt mit Interessenten zum erfolgreichen Vertragsabschluss geführt, zählen diese Neukunden von nun an zum Portfolio der Bestandkunden. Doch die Arbeit ist noch lange nicht getan.
Bestandkunden sind wie zarte Pflanzen. Sie müssen gehegt und gepflegt werden. Zudem sind sie äußerst zerbrechlich. Einer der Hauptgründe, warum Kunden sich von Ihren Lieferanten und Dienstleistern trennen liegt daran, dass sie sich nicht gut betreut fühlen. Ein Vertriebler sollte somit im regelmäßigem Kontakt zu seinen Kunden stehen. Je nach Bestandskundenkategorie werden diese von telefonischem Kontakt bis hin zu regelmäßigen Besuchen unterschiedlich betreut. Stellt sich nun die Frage wonach diese nach A-, B- oder C – Kunden kategorisiert werden. Sehr häufig nach Ausbaupotenzial und Umsatzgröße. Werden weniger umsatzbringende Kunden und weniger ausbaufähige Kunden zu häufig durch Besuche betreut, wird wertvolle Zeit verloren, potenzielle Neukunden zu akquirieren, Termine bei Interessenten wahrzunehmen und attraktive Bestandskunden auszubauen.
Häufig nehmen Vertriebler fälschlicherweise an, dass bei bestehenden Kunden kein zusätzliches Geschäft mehr realisierbar ist. Werden die richtigen Attraktivitätskriterien – die von Unternehmen zu Unternehmen hinsichtlich Produkt und Dienstleistung unterschiedlich sind – gesetzt und mögliche Umsatzpotenziale eruiert, lassen sich Bestandkunden hervorragend ausbauen und langfristig an sich binden.
Vertriebsziele korrelieren in der Regel mit den Unternehmenszielen, wie zum Beispiel der Gewinnung von Markanteilen oder das Streben nach ambitionierten Wachstumszielen. Um diese zu erreichen planen gute Vertriebler Ihre Neukundeakquise nach Selektionskriterien und anschließender Priorisierung in der Zielkundenliste. Zudem habe sie ein gutes Zeitmanagement. Sie planen welche Bestandskunden auf welche Weise an sich gebunden und vom Wettbewerb verteidigt werden. Und zu guter Letzt planen gute Vertriebler nach welchen Attraktivitätskriterien die Umsätze bei bestehenden Kunden ausgebaut werden können.
Ayhan Georgi, Senior Consultant.