Value Selling – Welche Zielsetzungen dominieren in der Praxis?

Wie wichtig ist Value Selling für Unternehmen?


87 Prozent der Unternehmen bezeichnen Value Selling für ihr Unternehmen als zentrales Thema. Offensichtlich kommt es nicht nur darauf an, Value Selling als Ansatz mit zu verfolgen, sondern nur die Besten setzen sich durch. Mit gekonntem Value Selling können die Unternehmen (trotz ihres schon bestehenden Erfolgs) ihre Preise um durchschnittlich 14 Prozent steigern. Tatsächlich verkaufen also zahlreiche Unternehmen ihre Leistung unter ihrem Wert. Das Potenzial von Value Selling ist dabei erst zu 31 Prozent ausgeschöpft. Zudem geht nahezu die Hälfte der Initiativen zur umfassenderen Zusammenarbeit (45 Prozent) klar vom Kundenaus, oft sitzt er im ‚Fahrersessel‘ und er vergleicht im Durchschnitt fünf Angebote. In 34 Prozent der Fälle stoßen die Anbieter immer wieder auf die gleichen Wettbewerber. Deshalb ist es nötig, das eigene Vorgehen grundsätzlich zu klären.

Folgende Statements aus Gesprächen mit Kunden und Geschäftspartnern zeigen, Value Selling ist eine Voraussetzung, um wettbewerbsfähig zu bleiben:

  • „Viele Produkte und Lösungen sind im Markt austauschbar, deshalb ist Value Selling ein absolutes Muss.“
  • „Value Selling ist für unser Unternehmen eine unabdingbare Voraussetzung, um bei unseren Kunden im globalen Wettbewerb zu bestehen. Unsere Kunden kaufen nicht bei uns, sie erwerben den Wert, den wir schaffen.“
  • „Value Selling ist nicht nur eine Neuerscheinung in der Verkaufs- und Marketingwelt. Es ist vielmehr eine Verkaufsphilosophie. Damit meine ich nicht nur grosse Worte in Visionen und Leitbildern. Sondern die Gabe, dass jede Faser des Unternehmens das Value Selling lebt und tagtäglich in jeder noch so banalen Arbeit diesen Grundsatz widerspiegelt.“
  • „Wir öffnen neue Segmente oder Geschäftsmöglichkeiten für Kunden, damit steigern wir seinen Umsatz und verdrängen nicht einfach Wettbewerber.“
  • „Neue Vertriebskanäle öffnen (Online), Umverteilung der Einkaufs-/Verkaufsstrategie (Online/Offline), Outsourcing von Leistungen und stark im Markt mit breitem Portfolio und Top-Preisen.“
  • „Ohne klaren Mehrwert lässt sich nicht erfolgreich verkaufen.“
  • „Value Selling steht für profitables Wachstum.“
  • „Value Selling is the Key to continuous success.“

Value Selling ist für den Erfolg des Unternehmens zentral


Die Statements aus der Praxis werden ebenso durch Aussagen der Forscher akzentuiert. Eggert/Ulaga/Terho (2015, S. 485 ff.) belegen, dass wertbasiertes Verkaufen (geprägt durch ein kundenorientiertes Verkaufen und verknüpft mit adaptivem Verkaufen) den Erfolg von Unternehmen maßgeblich steigert (a.a.O., S. 482).

Die Kunden sehen vor allem ihren Nutzen, wie die folgenden Statements aus der Praxis verdeutlichen:

  • „Kundennutzen aufzeigen und Vorteile fallspezifisch erarbeiten.“
  • „Den Kundennutzen einfach und verständlich darlegen.“
  • „Value based selling is a proven set of skills and methods for calculating and communicating the dollars-and-cents benefit you can deliver to your customer. The results have to be measurable.“
  • „Wir möchten den Benefit für den Entscheider und Endnutzer mit praktischen Beispielen greifbar machen. Unser Ziel ist es tatsächlich Win-Win-Situationen zu schaffen.“
  • „Wir müssen herausfinden, was der Kunde braucht und nicht, was er sich nur wünscht.“
  • „Wie viel nütze ich dem Kunden? Wie viel nützt mir der Kunde?“

Manche Anbieter neigen dazu, im Zeitverlauf alle Nutzenbereiche für Kunden zu erhöhen. Damit steigt die Komplexität und sämtliche Wettbewerber gleichen sich an. Dyas (2000) schlug die Wertkurve vor, um wichtige bestehende und neue Erwartungen oder Bedürfnisse des Kunden zu erfassen, das Angebot der Wettbewerber zu bewerten und bei eigenen Angeboten die Werte zu halten, zu vermindern, zu eliminieren oder zu verstärken. Umfassend verfolgten später diesen Ansatz Kim und Mauborgne (2005) mit ihrem Bestseller Blue Ocean Strategy. Die folgende Abbildung zeigt ein Beispiel für Hotels. Während herkömmliche Ein- bis Mehrsternhotels ihre Leistung überall verbessern und damit komplexer und auswechselbar werden, vermindert die erfolgreiche Hotelkette Formule 1 verschiedene Leistungen und setzt die Akzente in den wichtigen Kriterien Bettqualität, Hygiene, Ruhe und Preis. Sie trifft damit eine häufige Bedarfssituation der Kunden, und die Vorteile sind für Kunden klar fassbar. 

Diesen Ansatz verwendet ebenso die Industrie, beispielsweise BASF. Es geht darum, die richtigen Leistungsakzente für Kunden zu setzen und Überleistungen zu vermeiden. Für Unternehmen stehen die Ziele Wachstum und Rentabilität im Vordergrund. Flankiert werden sie durch spezifische Vorgaben, wie beispielsweise Sicherheit (z.B. Eigenfinanzierung und Liquidität), Marktanteile, Beweglichkeit für Auslastungsschwankungen, Pro-Kopf-Umsatz, Auslastung von Kapazitäten von Produktion bis Vertrieb und Erhalt bzw. Schaffung von Arbeitsplätzen. Solche Ziele werden Bottom up abgeglichen, um die Potenziale in Märkten und bei spezifischen Kunden auszuschöpfen.

Abbildung 1: Hotelkategorien und neue Akzente von Formule 1 (Dyas 2000)

Für Value Selling lassen sich verschiedene Ziele bestimmen. Die nächste Abbildung zeigt, wie die in einer Studie zum Thema „Value Selling“ befragten Teilnehmer unsere vorgeschlagenen Ziele gewichten.

Abbildung 2: Gewichtung der Ziele von Value Selling

Unsere erfassten Ziele sind wichtig und tragen alle maßgeblich zum Geschäftserfolg bei. Unternehmen verfolgen ein multiples Zielsystem. Die Top 3 Ziele sind: 1) Kunden halten, 2) die Service und Lösungsinitiative mit einem professionellen Verkauf für den Kunden greifbar machen und 3) neue Kunden gewinnen. Ist damit Value Selling ein ‚Allheilmittel‘? Wohl kaum, denn es ist aufwendig, nur einzelne Ziele praktisch umzusetzen.

Im Rahmen der Befragung wurden die Ziele nur generisch formuliert. Operationale Ziele für individuelle Unternehmen sind nötig, die den Anspruch klar definieren. So spielte es beispielsweise eine Rolle, ob ein Unternehmen mit Cross-Selling zehn oder 30 Prozent wachsen will oder der Anteil von neuen Kunden für das nächste Jahr von zehn auf 15 oder 30 Prozent gesteigert werden soll. Auch Marktbedingungen definieren mit, ob solche Ziele mehr oder weniger anspruchsvoll sind.

Zusätzliche Ziele der Befragten sind oft übergreifend und betreffen die Positionierung als Premiumanbieter gegenüber der Masse, den Customer Focus, mehr Produktivität für Kunden, die Kundenzufriedenheit und den Net Promoter Score, die Differenzierung vom Wettbewerb, Wertschöpfung statt Kostenblöcke, die Erschließung neuer Kunden und Märkte, die Sicherung der Marktanteile sowie gesteigerte Rentabilität. Spezifischere Ziele sind Preisziele (‚willingness to pay‘ und Begründung der Preise), in Angebotsrunden beim Kunden dabei zu bleiben, Zusatznutzen transparent zu machen, reine Plagiatoren im Markt zu entlarven, Mehrwertverkauf, Customization oder die Rückgewinnung verlorener Kunden sowie fokussierte Kundengewinnung oder die Kundenbeziehung zu festigen.

Um mit Value Selling den Mehrwert richtig zu gewichten und in die Interaktion mit Kunden umzusetzen, braucht es einen klaren Fokus. Erstens sind die Ziele wichtig. Zweitens gilt es, das angestrebte Delta für mehr Verkaufsprofessionalität klar zu definieren und schließlich Kundenvorteile geschickt einzusetzen.