In unserer Rubrik „10 Fragen an HR-Profis“ sprechen wir mit Führungskräften aus dem Personalbereich unterschiedlicher Branchen und Unternehmensgrößen. Dabei werden Trends im HR-Bereich diskutiert und hinter die Kulissen der Unternehmen unserer Interviewpartner geschaut. Diesmal sprechen wir mit Christina Hechtfischer, Head of HR der Raumedic AG.
Raumedic vereint jahrzehntelange Erfahrung in der Medizintechnik und bietet seinen Kunden Kunden polymere und elastomere Produktkonzepte. Hergestellt in Extrusion, Spritzguss und Montage, finden diese Einsatz für viele Anwendungsgebiete der medizintechnischen und pharmazeutischen Industrie.
Mit eigener Forschung und Entwicklung sowie Engineering entwickelt Raumedic kundenspezifische Produkte und fertigt diese in Helmbrechts (Deutschland) sowie Mills River, NC (USA). Raumedic agiert mit einem weltweiten Vertriebsnetz und ist in ausgewählten Märkten mit eigenen Vertriebsgesellschaften vertreten.
Unser Dank gilt Christina Hechtfischer. Sie gibt uns im folgenden Interview einen interessanten Einblick in ihre Erkenntnisse und Themen eines global operierenden Mittelständlers.
Marcus Redemann: Was war Ihr größtes Learning als Personalleiter?
Christina Hechtfischer: Dass es nichts gibt, was es nicht gibt. Man wird als Personalleiterin mit den verschiedensten Themen und Problemen von Mitarbeitern weltweit konfrontiert. Da muss man sich dann gut drauf einstellen, jedes Problem ernst nehmen und jedem Mitarbeiter mit Respekt begegnen.
Wir erwarten von jedem Mitarbeiter Kundenorientierung.
MR: Das Image des Vertriebs ist nicht in jedem Unternehmen gut. Wie wird der Vertrieb in Ihrem Unternehmen durch die anderen Unternehmensbereiche wahrgenommen?
CH: Der Vertrieb ist für uns extrem wichtig, da er unsere Kunden, diejenigen die letzten Endes unsere Gehälter bezahlen, betreut. Als Unternehmen, das kundenspezifisch entwickelt und fertigt ist dies ein zentraler Angelpunkt für uns. Wir erwarten uns von jedem Mitarbeiter Kundenorientierung und bewerten das sogar im Performance Management, dem jährlichen Feedbackgespräch.
MR: Inwieweit spürt Ihr Unternehmen den Druck der Digitalisierung?
CH: Gerade im medizintechnischen Bereich kommt die Digitalisierung immer stärker auf uns zu. Allerdings empfinden wir das nicht als Druck, sondern gehen dieses Thema proaktiv an. So läuft bei uns derzeit ein breit angelegtes Projekt zum Thema MES/CAQ, mit dem wir einen großen Schritt in Richtung Industrie 4.0 gehen. Auch in Bereichen wie Travel Management und Bewerbersoftware haben wir uns bereits digital aufgestellt.
Das Schöne an Digitalisierungsprojekten ist, dass sie einen dazu zwingen, die internen Prozesse zu überdenken.
MR: Welche Veränderungen ergeben sich für die Verkäufer/Mitarbeiter im Rahmen der Digitalisierung?
CH: Von diesem Thema ist einfach jeder Mitarbeiter betroffen. Das Schöne an Digitalisierungsprojekten ist, dass sie einen dazu zwingen, die internen Prozesse zu überdenken und in Frage zu stellen. Alte Zöpfe müssen abgeschnitten werden, wie man so schön sagt.
MR: Wie ändert sich Führung im Vertrieb im digitalen Zeitalter?
CH: Gerade für den Vertrieb ergeben sich durch die Digitalisierung und natürlich auch die Globalisierung starke Vorteile, vor allem in puncto Effizienz: Man kann weltweit und vor Ort beim Kunden viel schneller agieren. Social Media, Skype und Webex-Systeme ermöglichen eine Kommunikation in Echtzeit rund um den Globus. Dadurch fühlen sich die Kunden gut betreut und freuen sich über schnelle Reaktionszeiten.
Qualifizierungsprojekte scheitern unter Umständen an Vorgesetzten, die das Thema Qualifizierung nicht ernst nehmen.
MR: Nach welchen Kriterien suchen Sie einen Vertriebs-Trainer aus?
CH: Die Person muss vor allem zu unserer Unternehmenskultur passen, das heißt, wir suchen Trainer, die offen sind und uns voranbringen wollen. Dies bringt mit sich, dass die Trainer ehrlich zu uns sind und uns auch unsere Schwächen offen spiegeln. Wichtig ist es uns auch, dass die Trainer jedem Mitarbeiter im Unternehmen auf Augenhöhe begegnen.
MR: Woran scheitern unter Umständen Qualifizierungsprojekte?
CH: An Vorgesetzten, die das Thema Mitarbeiterqualifizierung nicht ernst nehmen. Bei uns liegt es ganz klar in der Pflicht der Vorgesetzten, den Erfolg von Qualifizierungsmaßnahmen ihrer Mitarbeiter auf den Prüfstand zu stellen. Wenn dies nicht geschieht, verpufft der Lerneffekt oftmals schnell.
MR: Wie wird in Ihrem Unternehmen die Umsetzung von Trainingsinhalten in die tägliche Verkaufspraxis gemanagt?
CH: Wir arbeiten sehr gerne mit unserem internen Coaching-Tool. Dieses ist abgestimmt auf die Trainingsinhalte von vorangegangenen Qualifizierungsoffensiven und somit können die Vorgesetzten und auch ich in den Coaching-Checklisten sehen, in welcher Qualität das Erlernte umgesetzt wird.
MR: Inwieweit werden Führungskräfte in die Vertriebsqualifizierung eingebunden, um die Lerninhalte nachhaltig zu begleiten?
CH: Unsere Führungskräfte konzipieren in der Regel Beispielfälle für die Qualifizierungsoffensiven und nehmen dann natürlich an den Trainings teil, indem sie als Coach in den Gruppenarbeiten fungieren. Und im Nachgang obliegt ihnen natürlich die Verantwortung, anhand von Coaching und gegenseitigem Feedback den Lernerfolg zu überprüfen.
Es wird immer schwieriger, Fachkräfte zu rekrutieren.
MR: Welche Rolle spielt vertriebliche Qualifizierung für vertriebsunterstützende Abteilungen, z.B. Service, Technik?
CH: Gerade für das Produktmanagement und die Technik ist es uns wichtig, dass unsere Mitarbeiter über einen ähnlichen Wissensstand wie die Kollegen im Vertrieb verfügen. Mitarbeiter in vertriebsunterstützender Funktion sind auch häufig beim Kunden präsent, wo ein und dieselbe Sprache gesprochen werden sollte bzw. die gleichen Techniken angewandt werden.
MR: Welchen Einfluss hat der Fachkräftemangel auf Recruitment, Incentivierung etc.?
CH: Es wird immer schwieriger Fachkräfte zu rekrutieren, das merken wir seit drei bis vier Jahren enorm. Daher ist das Thema interne Weiterqualifizierung und Nachwuchs aus den eigenen Reihen ein wichtiges Thema bei uns. Auch im gewerblichen Bereich haben wir interne Qualifizierungsprogramme aufgesetzt, damit sich Mitarbeiter mehr Fachwissen und Kompetenzen aneignen können, um höherwertige Positionen zu übernehmen. Berufseinsteiger sind noch einfacher zu rekrutieren als Berufserfahrene, daher ist auch hier das Thema kontinuierliche Weiterqualifizierung von großer Bedeutung.
MR: Vielen Dank, Frau Hechtfischer, für das Interview.
Das Interview führte Marcus Redemann, Management Partner.