Erfolgreicher Produkt Launch – Probleme und Lösungsansätze

4 Dinge, die Sie für eine erfolgreiche Produktneueinführung beachten sollten!

Die Herausforderung

Nehmen wir an, Sie sind in Ihrem Unternehmen dafür verantwortlich, neue Produkte und Dienstleistungen erfolgreich in den Markt einzuführen. Nehmen wir weiterhin an, dass neue Produkte und Dienstleistungen fundamental für den zukünftigen Erfolg des gesamten Unternehmens sein werden. Ihr CEO hat den Anteilseignern davon erzählt, Forschung und Entwicklung haben Unsummen verschlungen, hohe Investitionen in moderne Produktionsinfrastruktur sind getätigt, vielleicht sogar in neuen Märkten, und diese Infrastruktur will ausgelastet werden, Arbeitsplätze sind mit dem Erfolg verbunden … kurz, die Erwartungen an Sie sind hoch.

Natürlich haben Sie auch die Statistiken gelesen, wie oft Neueinführungen schiefgehen. Sie glauben vielleicht nicht an 80-90%, aber auch 40% bergen ein Risiko, dass Sie nicht eingehen können. Deshalb haben Sie natürlich versucht, möglichst viele Risiken auszuschließen:

  • Zielgruppe … genau definiert und umfassend befragt!
  • Nachfrage am Markt … von unabhängigen Marktforschungsunternehmen bestätigt! (und auch das hat Unsummen verschlungen)
  • Kampagne … ausgearbeitet und mit einer Agentur designed!
  • Launch Date … passend zur wichtigsten Branchenmesse, die Wettbewerber werden sich umschauen!
  • Produktion und Logistik … alle stehen in den Startlöchern!

Trotzdem wollen die Geschäftszahlen sich nicht einstellen. Na gut, die Prognosen waren vielleicht zu optimistisch. Geben wir dem Produkt noch zwei Monate Zeit, Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut.

Auch nach zwei Monaten ändert sich die Lage nicht grundlegend. Alle Marketinganstöße scheinen wirkungslos zu verpuffen. Keiner der Verkäufer Ihres Unternehmens scheint das Produkt noch aktiv zu verkaufen. Auf Nachfrage bekommen Sie zu hören

  • „Meine Kunden wollen keine Änderungen!“
  • „Das neue Produkt ist viel zu teuer!“
  • „Ich konzentriere mich lieber auf Deals, die ich gewinnen kann!“
  • „Das neue Produkt hat noch zu viele Kinderkrankheiten!“
  • „Das war doch eine Idee aus dem Elfenbeinturm!“

Einige Gründe

In Diskussionen mit unseren Kunden erleben wir diese Situation oft. Das Phänomen hat viele Namen, „Inseldenken“, „Silomentalität“ oder „Abteilungsblindheit“, es läuft auf eins hinaus … Produktmanagement und Vertrieb haben nicht ausreichend miteinander geredet. Die Gründe dafür können sicherlich vielfältig sein, aber hier sind ein paar Fragen, die Sie sich stellen können:

Verfolgen wir alle dieselben Ziele?

Mit Sicherheit sind sowohl Produktmanagement als auch Vertrieb daran interessiert, erfolgreich zu sein. „Erfolg“ hat aber durchaus eine andere Bedeutung für beide Bereiche. Für das Produktmanagement geht es um die erfolgreiche Einführung des neuen Produkts. Für den Vertrieb geht es oft um übergeordnete Kennzahlen wie Umsatz und Deckungsbeitrag in einem definierten Gebiet. Wie dieses Ziel erreicht wird, ist dabei oft zweitrangig.

Wer hat welchen Fokus?

Wodurch werden die Erwartungen und Perspektiven von Produktmanagement beeinflusst?

Kennzahlen der Verkäufer werden quartalsweise, wenn nicht sogar monatlich gemessen, daher denken Verkäufer natürlich eher kurzfristig. Außerdem können Verkäufer ihre Ziele nicht nur mit einem Produkt erreichen, sondern haben ein breiteres Spektrum zur Auswahl. Keiner will es sich daher erlauben auf Produkte zu setzen, die vielleicht später, vielleicht aber auch nie Umsatz bringen werden. Dazu kommt, dass Verkäufer ihr Feedback in der Regel vom Kunden bekommen und deswegen natürlich auch ihr Verhalten darauf ausrichten, dem Kunden zu gefallen.

Produktmanager hingegen müssen in langfristigen Dimensionen denken. Es versteht sich außerdem von selbst, dass sie klare Prioritäten beim eigenen Produkt setzen. Darüber hinaus bekommt ein Produktmanager eher Feedback aus dem Unternehmen heraus und ist also bemüht, interne Erwartungen zu befriedigen.

Das bedeutet, dass Produktmanager und Verkäufer unterschiedliche Ziele verfolgen und ihren Fokus auch sehr unterschiedlich setzen. Konflikte sind vorprogrammiert.

Welche Unterschiede existieren in der Denkweise?

Unterschiedliche Ziele und Perspektiven bedingen unterschiedliche Denk- und Herangehensweisen. Die „Welt“ der beiden Funktionen ist sehr unterschiedlich.

Produktmanager sind nicht mit den täglichen Notwendigkeiten der Verkäufer konfrontiert, müssen nicht Kundeneinwänden begegnen oder gegen den Wettbewerb argumentieren. Daraus folgt oft ein Unverständnis, „dieses tolle Produkt müsste sich doch verkaufen lassen, wie geschnitten Brot“.

Verkäufer wiederum können oft nicht nachvollziehen, welche limitierenden Faktoren (Produktionskapazitäten, Working Capital, Investitionsbudgets, etc.) bei der Produktentwicklung eine Rolle spielen. Für sie ist hauptsächlich das Feedback der Kunden wichtig und dort wiegen negative Rückmeldungen schwerer als positive. Als Fazit steht für die Verkäufer dann, „dieses Produkt wurde am Markt vorbei entwickelt.“.

4 Lösungsansätze

Ziele Setzen

Natürlich haben Sie Ihre Ziele für den Product Launch definiert. Die Zielmärkte sind klar, die Zielgruppen sind definiert, die Umsatzerwartungen sind mit dem Management abgestimmt. Aber haben Sie auch auf folgende konkrete Fragen eine Antwort?

  • Wo sind die Zielkunden für das neue Produkt? Wer könnte dafür Geld ausgeben?
  • Wie können Verkäufer konkrete Zielkunden in ihrem Gebiet identifizieren und ansprechen?
  • Wieviel Einheiten wollen Sie verkaufen?
  • Wieviel kaufende Kunden benötigen Sie dafür?
  • Wieviel bestehende Kunden wollen Sie ansprechen, wieviel Neukundenpotential brauchen Sie?
  • Haben Sie einen Verkaufsprozess und entsprechende Erfolgsquoten definiert?
  • Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, einen Zielkunden in einen kaufenden Kunden umzuwandeln?
  • Was bedeutet das für die Anzahl der Zielkunden ausgehend von den Erfolgswahrscheinlichkeiten in den einzelnen Stufen Ihres Verkaufsprozesses?

Der eigentliche Test ist aber, ob zwei zufällige Personen in Ihrem Unternehmen die gleiche Antwort auf diese Fragen geben.

Aktivitäten definieren

Die Definition von Zielen allein stellt nicht deren Erreichung sicher. Das wäre „Management by Hope“. Aber wie können Sie Ihre Ziele mit einiger Wahrscheinlichkeit erreichen?

Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der Konzentration auf konkrete Aktivitäten. Ob Sie nun festgelegt haben, dass Sie 10, 20 oder 100 neue Kunden benötigen, diese Kunden müssen kontaktiert werden und entsprechendes Interesse muss geweckt werden, der Bedarf muss qualifiziert werden, Kunden müssen im persönlichen Gespräch überzeugt werden, Angebote müssen erstellt und verhandelt werden.

Abbildung 1 Steuerung von Aktivitäten nach Quantität, Qualität und Richtung

Bei den Aktivitäten sollten Sie 3 Dimensionen im Auge behalten, Quantität, Qualität und Richtung. Wenn Sie bei der Markteinführung neuer Produkte auf reine Selbststeuerung der Verkäufer setzen, nach dem Motto, „die wissen schon am besten, wie sie verkaufen können“, kann das fatale Folgen haben:

  • Verkäufer führen die notwendigen Aktivitäten (Erstkontakte, Bedarfsanalysen, Demos, etc.) nicht in der notwendigen Häufigkeit durch, da es genügend andere Dinge zu tun gibt.
  • Verkäufer besuchen die Kunden ohne Potential, weil es sich dabei vielleicht um bestehende Kunden handelt. Oder sie sprechen mit Ansprechpartnern, die nicht entscheiden können oder für die Ihr neues Produkt nicht relevant ist.
  • Verkäufer können nicht die nötige Qualität in ihre Verkaufsgespräche bringen. Ein guter Verkaufsansatz für ihre anderen Produkte ist nicht automatisch der beste Verkaufsansatz für ihre neue Innovation.

Wohin das führt, können Sie sich selbst ausmalen. Misserfolge in den ersten Gesprächen bestätigen Vorurteile, Kunden erkennen den Mehrwert nicht, Verkäufer richten ihre Zeit wieder auf „erfolgversprechende und bewährte“ Produkte aus und irgendwann ist ihr neues Produkt tot.

Wie können Sie die Dynamik dieser Abwärtsspirale stoppen, wenn nicht gar umkehren? Durch konsequentes Management der nötigen Aktivitäten in allen drei Dimensionen auch wenn die ersten Erfolge sich nicht sofort einstellen und durch Erweiterung der Kompetenzen ihrer Verkäufer.

Kompetenzen Entwickeln

Jetzt werden Sie vielleicht sagen, wir machen doch ausführliche Produkttrainings für unsere Verkäufer. Viele unserer Kunden beschreiben aber gelangweilte oder verwirrte Teilnehmer nach tagelangen Powerpointschlachten. Schade um die schöne Zeit!

Aus unserer Sicht sollten Sie daher die Kompetenzentwicklung Ihrer Verkäufer auf drei Säulen stellen:

  • Produktwissen – Was müssen Verkäufer über das neue Produkt wissen, um es verkaufen zu können?
  • Planung – Wie können Verkäufer ihre begrenzten Ressourcen planen um ausreichend Zeit zum Verkauf des neuen Produkts zu haben?
  • Verkäuferische Fähigkeiten – Wie können Verkäufer den Überzeugungsprozess beim Kunden gestalten?

Produktwissen gibt dem Verkäufer das Selbstvertrauen, in einem Gespräch mit dem Kunden bestehen zu können. Darüber hinaus vermittelt es dem Kunden eine Glaubwürdigkeit, die für den Aufbau von Vertrauen sehr wichtig ist. Kein Verkäufer benötigt aber all das technische Wissen eines Produktmanagers. Konzentrieren Sie sich auf die wesentlichen Dinge, die Verbesserungen im Vergleich zur alten Version, die Unterschiede im Vergleich zum Wettbewerb. Denken Sie das Produkt vom Ergebnis für den Kunden her, was bedeutet es für den Kunden, sich auf die Innovation einzulassen, welchen Mehrwert kann der Kunde (als Entscheider, als Anwender, …) erwarten, wie minimieren Sie das Risiko eines Wechsels.

Planerische Kompetenzen helfen Verkäufern drei Fragen zu beantworten:

  • Wieviel meiner Zeit muss ich für diese Initiative einplanen?
  • Wie kann ich mir diese Zeit tatsächlich freiräumen?
  • Was sollte ich dann in dieser Zeit tun?

Helfen Sie Ihren Verkäufern zu verstehen, welcher Zeitaufwand realistischerweise zu erwarten ist. Stimmen Sie mit der Verkaufsleitung ab, wie sich die Prioritäten der Verkäufer in Richtung des neuen Produkts verschieben sollten. Damit geben Sie der Verkaufsleitung auch die Möglichkeit diese Initiative zu begleiten und zu steuern. Darüber hinaus sollten die Verkäufer auch die Richtung ihrer Verkaufsaktivitäten planen können, d.h. die Zielkunden in ihrem Gebiet auswählen, Termine vereinbaren, Kontakte zu den richtigen Ansprechpartnern herstellen und Verkaufschancen nachverfolgen.

Am allerwichtigsten ist es aber, die verkäuferischen Kompetenzen speziell für das neue Produkt zu entwickeln helfen Sie Ihren Verkäufern, Ihr Produkt zu verkaufen, machen Sie es Ihnen so einfach wie möglich! Geben Sie Ihnen Werkzeuge an die Hand, um im Kundenkontakt erfolgreich sein zu können!

  • Bedarfssituationen des Kunden und Anwendungsfälle/ Uses Cases
  • Typische Entscheidungsprozesse des Kunden für das neue Produkt sowie die entsprechenden Ansprechpartner
  • Fragen zur Bedarfsanalyse
  • Beispiele zur Berechnung eines kleinen Business Cases zur Argumentation mit kaufmännischen Entscheidern
  • Mehrwerterwartungen der einzelnen Ansprechpartner im Buying Centre
  • Möglicherweise Referenzen oder Studien zur Verstärkung der Argumentation

Ein Einwand, den Sie immer wieder von Ihren Verkäufern hören werden, ist der Verweis auf bestehende Lösungen des Wettbewerbs beim Kunden. Sagen Sie also Ihren Verkäufern, wie sie am besten mit Einwänden umgehen können. Welche Einwände kann der Kunde gegen Ihr Produkt vorbringen? Welche Wettbewerber spielen noch mit und wie sieht deren Vorteilsargumentation aus? Wie kann der Verkäufer die Argumente des Wettbewerbs entkräften und die eigenen Argumente verstärken?

Wenn Sie diese drei Säulen aufgebaut haben, werden Ihre Verkäufer viel eher in der Lage sein, Erfolg zu haben.

Miteinander Reden

Abbildung 2 Mercuri RAC-Modell (Results – Activities – Competencies)

Ein Erfolgsfaktor ist also die Definition der gesamten Kausalkette von den gewünschten Zielen über die benötigten Aktivitäten hin zu den zugrundeliegenden Kompetenzen. Der zweite Erfolgsfaktor ist ein gemeinsames Verständnis dieser Kausalkette als Grundlage für die Steuerung der Produkteinführung durch den Vertrieb. Product Launches sollten als interdisziplinäre Aufgabe im Unternehmen verstanden werden und erfordern eine ständige Auseinandersetzung zwischen Marketing, Produktmanagement und Vertrieb.

  • Einigen Sie sich auf ein gemeinsames Ziel, finden Sie die Schnittmenge der einzelnen Ziele. Jeder freut sich über mehr Umsatz.
  • Setzen Sie realistische Ziele, niemand profitiert von übertriebenen Erwartungen.
  • Überlegen Sie, wie Sie aus Misserfolgen lernen können, aber auch, wie Sie Erfolgsstories nutzen können. „Success breeds success.“
  • Bleiben Sie permanent im Kontakt miteinander. Product Launches sind kein Staffellauf mit klarem Wechselpunkt, sondern eine gemeinsame Anstrengung.
  • Verteilen Sie klare Aufgaben und Zuständigkeiten. Produktmanagement und Marketing sind für die Konzeption verantwortlich, die Verkaufsleitung für die Steuerung der Ressourcen und die Verkäufer für die Umsetzung beim Kunden.

Der Aufwand lohnt sich, schon Ihr nächstes Produkt kann ein absoluter Markterfolg sein und das wollen Sie sicher nicht verpassen.

Viel Erfolg bei Ihrem nächsten Product Launch!

Alexander Wolter, Senior Consultant.

Mercuri International Deutschland GmbH